Yvonne

 
Hier ist der Bericht aus Yvonne`s Schwangerschaft (29.06.2005)
 
Hallo Chrissi!

Ja auch ich hatte hyperemesis gravidarum.
Ich war 23 Jahre (jetzt bin ich 26 ) und bin ziemlich unverhofft schwanger geworden. Was eigentlich nicht weiter schlimm war, denn mit meinem damaligen Freund und jetzigen Mann war ich schon über 6 Jahre zusammen. Das einzige was nicht so toll war, war die Sache, daß ich seit ca. 1 Jahr einen neue Stelle angefangen hatte in Münster. Dorthin waren wir auch gezogen und all unsere Bekannten wohnten ca. 200 km weit weg. Ebenso auch die Eltern.

Es war so ziemlich genau vor 3 Jahren. Ende Juni / Anfang Juli 2002 bekam ich die normalen Schwangerschaftsanzeichen wie Brustziehen usw.. Ein Schwangerschaftstest, den ich am Sonntag machte, war positiv. Und wir riefen freudig unsere Eltern an und sagten ihnen prompt davon.
Nur einen Tag später ging ich zur Frauenärztin, die alles bestätigte. Sie gab mir viel Infomaterial, welches wirklich toll war. Noch am selben Tag zuHause wurde mir übel. Ich konnte nicht arbeiten gehen.
Was genau ich gesagt habe, daß weiß ich nicht mehr.

Ein paar Wochen hielt ich es zuhause aus. Dann war ich auf Besuch bei meinen Eltern. Selbst mein Vater aber hatte nicht viel Verständnis. Er konnte zwar jetzt miterleben, wie es war mit der Kotzerei, aber er meinte trotzdem, ich solle wieder arbeiten gehen, die Ablenkung würde mir gut tun. Da ich viel von meinem Vater halte, bin ich also mehr oder weniger heulend am Montag darauf zur Arbeit gefahren.
Ich hatte schon geahnt, daß mich meine Arbeitskollegen und -kolleginnen nicht verstehen würden. Wie auch. Eine fragte mich, oder sagte vielmehr, daß es ja eine Kopfsache wäre, zumindest mehr oder weniger.
Bis dahin wußte ich ja auch nicht, was es eigentlich war. Von Hyperemesis gravidarum hatte ich noch nie etwas gehört. Auch nicht davon, daß man sich so super oft übergeben muß bei einer Schwangerschaft. Ich kannte nur die morgendlich Übelkeit, die jeder kennt. Wie also sollten meine Arbeitskollegen mich verstehen. Ich selber war mir auch nicht mehr so richtig sicher, ob es nicht auch eine Art Einbildung war.
Doch als ich versuchte normal zu arbeiten, und ich mich in nur ein paar Stunden schätzungsweise 5 - 6 Mal übergeben mußte, obwohl ich mich mit all meiner liegengebliebenen Arbeit beschäftigt hatte, wußte ich, daß war keine Einbildung.
Zum Glück haben die Kollegen es zumindest teilweise ein bisschen mitbekommen, wie schlecht mir war, so konnte ich leichter erklären, warum ich wieder nach Hause gehen würde.

Die Übelkeit wurde aber noch viel schlimmer. Ich konnte fast kein Essen mehr inne behalten. Bis ich herausgefunden hatte, daß ich MC Donalds Burger vertragen konnte. Die blieben tatsächlich drinne. Wehe aber, die Burger kamen aus einer Imbissbude. Die wollten sofort wieder raus.
Naja, irgendwann halfen auch die MC Donalds Burger nicht mehr. Alles kam raus.
Ich ging zu einem Hausarzt. Der konnte zunächst nicht viel mit meinen Problemen anfangen. Er hat sich allerdings schlau gemacht und ich bekam morgends eine Woche lang Infusionen. Damit ging es die ersten Tage dann. Mal abgesehen, daß es furchtbar ist, während der Infusion in eine Nierenschale zu kotzen und peinlich irgendwie.
Gleich nach der Infusion rannte ich schnell zur Toilette, um mich dort zu übergeben. Kaum draußen war ich froh im Auto zu sein, doch dann war ich noch froher darüber, zuhause zu sein, um gleich in unseren Garten zu kotzen. Denn zur Toilette hätte ich es nicht geschafft.

Wie gesagt, die Infusionen waren gut, wirkten aber nicht lange. Am Freitag gab mir der Hausarzt vorsorglich eine Überweisung für ein Krankenhaus, falls es am Wochenende nicht besser werden würde.

Am Anfang hatte ich super viel Angst ins Krankenhaus zu kommen. Das wollte ich auf gar keinen Fall. Meine Mutter hatte mir aber am Telefon schon die dollsten Dinger erzählt und auch das ich wohl ins Krankenhaus kommen würde. Daraufhin mußte ich natürlich heulen.

Da es aber immer schlimmer mit der Kotzerei wurde, war mir inzwischen alles egal. Das Leben hörte für mich auf. Für diese Zeit zumindest.
Ich hatte mir vorgestellt, jetzt ein ganz normales Leben zu führen, ohne schlechtes Gefühl im Magen, einfach was essen, was trinken, irgendwas unternehmen oder einfach nur im Garten zu sitzen. Ich hätte sonst was dafür gegeben.
Stattdessen machte ich so früh wie möglich die Augen zu, damit ich im Schlaf diese ganze Scheiße vergessen konnte. Doch sobald ich die Augen auf machte, mußte ich zur Toilette rennen. Furchtbar.

Ich habe dann auch irgendwann noch diese Vomex Zäpfchen bekommen. Die haben etwas geholfen. Davon konnte man gut schlafen. Und wenn ich schlief, mußte ich nicht kotzen. Allerdings fühlte ich mich total neben mir von diesen Dingern. Als wäre ich auf Droge, zumindest stelle ich es mir ein bischen so vor.

Mein Freund fuhr mich, als ich nichts mehr konnte, ins Krankenhaus. Ach herje, daß ist falsch. Ich fuhr mit meinem Freund ins Krankenhaus. Er hatte damals keinen Führerschein. (Prüfungsangst). Solange mußten wir nicht warten, und doch war ich oft auf der Toilette. Zuletzt habe ich geschaut, wie oft ich mich übergeben mußte, ohne etwas zu essen, ohne etwas zu trinken. Es war jede 1/4-Stunde. Vielleicht könnt ihr verstehen, wie es mir ging und daß es mir spätestens jetzt scheißegal war, ob ich ins Krankenhaus kommen würde und was die alles mit mir machen würden. Im Gegenteil, es war eine Erleichterung. Vielleicht könnten die mir helfen. Ganz bestimmt sogar.
Der behandelnde Arzt sagte mir dann auch, daß ich im Krankenhaus bleiben müßte um Infusionen zu bekommen.
Ich habe mich entschlossen in ein Krankenhaus in der Nähe meiner Eltern zu gehen, damit ich wenigstens etwas Besuch bekommen würde.
Mein Vater fuhr also 215 km her und 215 km zurück, um mich ins Krankenhaus zu bringen. Was natürlich sehr nett war.
Aber ich glaube, er hat bis heute nicht verstanden, wie dreckig es mir eigentlich ging.

Im Krankenhaus nahm man mir Blut ab. Die Blutampullen sollte ich dann mitnehmen zu einem anderen Raum oder so. Das war dann ein bißchen zuviel für mich und ich bin auf dem Flur zusammengeklappt und lag wohl ein paar Minuten bewußtlos auf dem Boden. Was aber nicht weiter schlimm war. Mir ging es ganz gut als ich wieder zu mir kam. Nur mein Freund, der zitterte am ganzen Körper. Das war dann wieder gut, dann wußte ich wenigstens, daß er Angst um mich hatte. Denn ansonsten hat ihn die ganze Kotzerei ziemlich kalt gelassen. Er hat mich dann und wann mal ein bischen gestreichelt. Aber ansonsten.

Ich war eine Wochen lang im Krankenhaus. Also zum Glück nicht sehr lange, aber als es mir wieder einigermaßen gut ging, wollte ich auf eigene Verantwortung wieder raus. Die Infusionen wirkten gut. Beim 2. Versuch die Infusionen weg zu lassen und auf normale Ernährung umzusteigen klappte es dann auch.

Das flaue Gefühl war natürlich immer noch da. Auch übergeben mußte ich mich dann und wann. Aber was ist das schon ein paar Mal gegen jeder 15 Minuten.

Am 12.03.2003 ist dann unser Schatz geboren. Ein kerngesunder Junge. Er heißt Maximilian und ist heute 2 Jahre alt. Als er geboren wurde, war mein erster Satz : Ich habe es geschafft. Damit war nicht nur die Geburt gemeint, nein es war ein Ende mit der Übelkeit!
Das schlimmste an meiner Schwangerschaft war nicht die Geburt, sondern die Monate des Kotzens. Ich muß aber dazu sagen, daß es die ersten 3 bis 4 Monate am schlimmsten war, danach wurde es stetig besser, also nach dem Krankenhausaufenthalt.

Gemein ist, es geht einem so schlecht, weil man ein Baby bekommt. Man sieht aber noch gar nichts vom Baby. Man weiß nicht wofür.

Gemein sind alle Leute, die denken, daß es eine Simulation oder Kopfsache wäre.

Gemein ist, daß keiner nachvollziehen kann, wie es eigentlich ist, so oft zu kotzen. Wenn einem immer schlecht ist.

Gemein ist, daß niemand diese Krankheit kennt.

Gemein ist auch, daß man gar nicht damit rechnet so eine Krankheit zu bekommen.

Als es mir besser ging, habe ich meinen Bauch gestreichelt und zu mir gesagt, daß es mir so schlecht geht, daß kommt nicht vom Baby, daß kommt von meinem Körper. Nicht das Baby ist schuld, sondern mein Körper. Ich hatte ein bißchen Angst, ich könnte es sonst später dem Baby anhängen, daß ich mich so schlecht fühlte.
Ich habe es aber nicht getan. Ich liebe meinen Sohn und ich würde ihn nie mehr hergeben.
Noch in meiner Schwangerschaft haben wir geheiratet, so daß wir jetzt eine kleine glückliche Familie sind.
Jedoch hätte ich evtl. noch ein zweites Kind. Doch auch ich habe Angst davor, noch einmal alles durchzumachen und dann auch noch mit Maximilian.
Das würde ich nicht schaffen. Nicht nochmal. Auch wenn die Erinnerungen schon ziemlich verblasst sind. Es war die Hölle.

Aber es kommt, wie es kommen soll. Erstmal verhüte ich noch und will halbtags arbeiten gehen. Dann sehe ich weiter. Doch wenn ich mir Eure Kommentar so ansehe, dann erkenne ich, daß wohl auch eine zweite Schwangerschaft sehr schlimm werden kann. Daher kann es sein, daß ich kein zweites Kind mehr bekomme. Aber ich bin noch jung. Gerade 27 Jahre geworden.

Viele Grüße an alle

Yvonne

Hätte ich Deine Seite eher entdeckt, wäre es sicher eine Hilfe gewesen. Ich hätte gewußt, daß es keine einfache Sache ist. Dieses hätte ich auch anderen mitteilen können.
Es ist nicht einfach! Es ist die Hölle!Versteht es doch!

Vielen Dank für Deine Homepage. Es hilft, ein Stück zu verarbeiten. Da bin ich mir sicher.

Liebe Grüße
Yvonne