Helene

 
Dieser Bericht ist von einer Frau,die derzeit schwanger ist .Sie erkennt einen Zusammenhang mit dem Helicobacter (31.03.2006)
 
Liebe Chrissi,

ich bin 32J.und bin in der 15. SSW, und habe endlich das dringende Bedürfnis, Dir zu schreiben. Ich lese und informiere mich sehr viel im Internet, aber ansonsten halte ich mich aus allem raus. Selbst zu schreiben ist mir eigentlich nicht recht. Aber Du hast eine so wunderbar hilfreiche Seite geschaffen, dafür möchte ich Dir ausdrücklich danken, und ausnahmsweise, weil ich es für interessant halte, von meiner eigenen Erfahrung mit HG berichten.

Ich stellte meine (ungeplante) Schwangerschaft gleich wenige Tage nach Ausbleiben der Regel fest. Obwohl es zunächst ein Schreck war, entwickelte sich (und tut bis jetzt, juchu) alles zum Guten hin, vor allem mit dem Freund, aber auch Familie, Job, Wohnung, das wird alles schön. Trotz diesem Stress, auch noch über Weihnachten, ging es mir bis dato gut. Kurz vor Neujahr ging es dann mit der Kotzerei los. Beschreiben brauche ich das nicht, das haben die vielen Leidgenossinen ausführlichst getan, die allermeisten sprechen mir aus der Seele. Ich litt schlimm, habe nichts Schlimmeres je erlebt. Auch wenn es vielen Frauen wohl noch viel schlechter geht, wie ich so lese. (Ich habe "nur" ca. 5 Wochen gelitten, dabei 5kg abgenommen, von 56 auf 51kg, aber bei immerhin 1,70m Größe) Die quälende Frage, womit ausgerechnet ich das verdient habe, hat mich auch auf Deine Seiten gebracht. Es hat sehr geholfen, zu wissen, dass man ... ich... nicht psychisch gestört ist, wie es einem nette Mitmenschen nahelegen. Körperlich ging es mir aber weiterhin übel, ich war sehr knapp vor einem stationären Krankenhausaufenthalt, aber ich wehrte mich noch dagegen. Ich wollte auf die ersehnte 12. Woche warten, mit der es angeblich vielen Frauen besser geht. Aber es kam ganz anders:

Plötzlich, in der 10. Woche schon, ging es viel, viel besser. Zunächst war ich noch skeptisch, ich war auch noch sehr wacklig auf den Beinen, aber...toi toi toi, es wurde jeden weiteren Tag wieder schöner. Die folgende Woche war ich wieder regulär arbeiten, 41 Stunden-Job, und bis heute geht´s mir dementsprechend prima. Ich habe eine Theorie, die mir per Zufall einfiel, wie das kommen konnte. Sicher bin ich mir keineswegs, aber was besseres hat noch niemand vorgeschlagen, und es hört sich recht plausibel an, für mich jedenfalls ;-)

Ich versuche mal, die Fakten und meine Gedanken aufzuschreiben:

- ich bin relativ fit, habe eine recht gute Kondition, und gehe vor allem gern joggen. In meinem Körper fühle ich mich wohl, so wie er ist, und ich selbst finde mein Gewicht auch gut. Vielleicht etwas zu dünn, ich selbst seh zwar noch ausreichend Speckröllchen, aber ich hatte letztes Jahr auch schon 3 mal einen Kreislaufkollaps, bei dem mir von den Ärzten gesagt wurde, "ich hätte ja nichts auf den Rippen". Gar nicht wahr, die wollen nur nett sein ;-) ... nee, vielleicht doch war. Mit reichlich Traubenzucker ging es jedesmal besser, scheint vielleicht was dran zu sein.

- die allererste Übelkeit, schon wenige Tage nach Ausbleiben der Regel, kam bei mir (ganz sicher!) von den Hormonen. Dafür brauche ich keine Studien, das fühle ich einfach. Vor allem, weil es die exakt gleichen Gefühle sind, als wenn ich die Pille nehme. Ich hatte 7 verschiedene Präparate versucht, es hat keinen Sinn, spätestens 1 Tag nach Einnahme geht die Kotzerei los, und ich hab nie mehr als 3 Tage durchgehalten. Und eine ausgekotzte Pille ist ja schon dumm. Diese Übelkeit ist nicht im Magen, der ganze Körper fühlt sich bis in die Fingerspitzen elend an. Alles zittert, wird schwach, ich weiss dann gar nicht mehr was ich will. Allerdings: Diese Übelkeit, so vermute ich, beschränkte sich wirklich nur auf relativ kurze Phasen, nach dem Übergeben war es auch etwas besser. Ich glaube, das wäre bei mir auch so geblieben, eine ganz normale Schwangerschafts-Übelkeit.

- als die HG losging, war es allein schon mein Magen, der rebelliert hat. Selbst ein Schluck Leitungswasser kam sofort wieder raus. Ab da war es bestimmt auch der Magen, der Probleme gemacht hat, nicht nur die Hormone. Sonst hätte ich doch Essen können, und es mir wenigstens eine Stunde verkneifen können, damit es mal ne Weile drinbleit? Wenn ich mal wirklich was Verdorbenes gegessen habe, kann ich das sonst auch, da kann ich mich stundenlang um die Kloschüssel rumdrücken. Aber jetzt hatte der Magen schon geschmerzt, zuvor wusste ich gar nicht genau, wo mein Magen eigentlich ist, jetzt konnte ich ihn genau spüren, da wo´s nämlich so schrecklich brennt.

- nachdem es mir so überraschend, schon in der 10.Woche besser ging, hatte ich richtig Angst, das Kind könnte tot sein, und die Hormone deshalb weg. Aber es ist alles in Ordnung, Baby wächst, Herz schlägt. Also müssen laut Tabellen die Hormone sogar noch ansteigen. Irgendwie fühlt es sich auch so an... wie die Pille eben, und ein wenig Übel ist mir auch, nur das Kotzen ist weg.

War schon viel zu lesen bis jetzt, sorry muss sein, aber es wird nun interessant:

- seit vielen Jahren leide ich an immer wiederkehrenden Harnwegsinfekten. Mit Antibiotikas werde ich so alle 2 bis 3 Monate, je nachdem, behandelt. Zu dem Zeitpunkt, als ich schwanger wurde, nahm ich gerade Nitrofurantoin. Das musste ich natürlich sofort abbrechen. Logischerweise, mit dem Flüssigkeitsverlust während der HG, hatte ich gleich wieder einen starken Infekt. Jetzt bekam ich für 7 Tage Amoxicillin. Leider habe ich das oft erbrochen, die schmecken auch scheußlich, und oft konnte ich es auch nicht nehmen, weil einfach nichts in mich reinging. Der Infekt ging auch nicht weg, also hab ich nochmal eine Packung bekommen. Nach und nach hatte ich die Tabletten drin, und es ging auch immer besser, ich hab nicht mehr so oft gespuckt. Als dann die Blase wieder heile war, stellte ich plötzlich fest, dass es mir allgemein besser ging. Ich konnte wieder richtig trinken, Kartoffelpü und Apfelmus essen, und hab zuckriges Zeug gegessen. Total ungesund, aber egal, Hauptsache den Kreislauf auf die Beine bringen. Die Woche darauf war ich wieder arbeiten, und tu es seitdem. Auch wenn mit ein bisschen schlecht ist, esse ich mindestens ca. alle 2 Stunden etwas, trinke viel, egal was, wonach mir gerade ist. Inzwischen war ich wieder (ganz langsam und mit Pausen) joggen, und sogar Sauna geht wieder! Alles zwar vorsichtig und in Maßen, aber ich fühl mich wohl dabei und danach, und bin sooo glücklich! Klar, die Kraft fehlt noch etwas, aber da bin ich zuversichtlich. So langsam bekomme ich einen ganz deutlichen Babybauch ;-) , die engen Jeans drücken und ich muss schon weite Hosen tragen, und das, obwohl immer noch ein Kilo zu meinem Normalgewicht fehlt.

So, genug der Info, jetzt meine Theorie:

Ich vermute, bei mir trifft der Fall mit Helicobacter zu. Vorher hatte ich nie Schwierigkeiten, und wäre sicher damit alt geworden. Aber ich denke, durch das anfängliche morgendliche (normale) Erbrechen hat sich dieses Bakterium plötzlich richtig breit gemacht. Der Magen und die Schleimhaut sind total durcheinander, und dann hat H.p. sehr gute Chancen, alles zu "erobern". Erst jetzt habe ich dann Probleme bekommen, vorher nie. Was dann folgt, zumindest für die Frauen, bei denen dieser Fall zutrifft, ist wohl ein Teufelskreis: Übelkeit der Hormone wegen, einen völlig gereizten entzündeten Magen, Erbrechen, Flüssigkeits- und Energieverlust, und dadurch dann noch schlimmere Übelkeit. Die Hormone kriegt Frau nicht weg, Vomex hält den Magen zwar ruhig, hilft aber nicht gegen Übelkeit, und Infusionen helfen nur ein klein wenig gegen´s Austrocknen, kurzfristig, aber nicht dauerhaft. Es steigert sich so richtig rein, kein Ausweg. Aber: Ich habe Amoxicillin bekommen. Aus einem ganz anderen Grund, der Blase wegen. Als ich besorgt über Nebenwirkungen für den Fötus im Netz nachgelesen hab, stand da, dass Amoxicillin das Antiobiotikum der Wahl für eine Behandlung gegen Helicobacter sei.

Ist es nicht zuviel Zufall, dass mir genau danach besser ging? Obwohl das HCG doch mindestens bis zur 12.SSW ansteigen soll, und ich mir sicher bin, dass mir auch dieses Hormons wegen so übel ist? Übrigens ist ein Placebo-Effekt ausgeschlossen, der Zusammenhang zwischen Amoxicillin und Helicobacter ist mir erst letzte Woche, lange nachdem ich schon wieder regulär zur Arbeit konnte, beim surfen im Netz klargeworden. Ich habe nicht auf Besserung gewartet, es kam einfach so, für mich total unerwartet. (das mit dem "psychisch" ist für mich eh Quatsch, keine Betroffene kann das doch wirklich glauben).

Wahrscheinlich ist Helicobacter nach nur 7 Tagen, allein mit dem AB, gar nicht weg. Laut Berichten ist dieser Keim zu hartnäckig, dafür bedarf es einer intensiveren Behandlung. Aber: Vor der Schwangerschaft hatte ich diesen Infekt vermutlich schon jahrelang, ohne Beschwerden. Vielleicht konnte ich einfach nur, während der Einnahme von Amoxicillin, meinen Magen und dessen Schleimhaut ausreichend beruhigen? Quasi die Bakterien eindämmen, nicht übergeben, normal essen und trinken, und dadurch die natürliche Schutzschicht wieder auf ein normales Mass heilen? Mir ist immer noch ein wenig übel, ich darf mich nicht überanstrengen, und muss sehr regelmässig und vorsichtig essen. Aber ich zwinge mich, gar nicht an meinen Eimer zu denken. Immer positiv, den Magen ja nicht wieder reizen! Alles, bloss kein Rückfall!

OK, das war eine riesige Mail. Aber ich musste mir das mal von der Seele schreiben. Und falls ja doch was an meinen Grübeleien dran ist, und falls auch nur einer einzigen HG-Patientin etwas geholfen wird, hat sich´s gelohnt.

Letztendlich denke ich, dass es vielleicht verschiedene Auslöser für HG gibt. Den allermeisten Frauen ist "normal" schlecht. Ein paar wenige geraten irgendwie in diesen Teufelskreis, aus dem sie ohne Hilfe, die es leider noch nicht gibt, nicht mehr rauskommen. Die Gründe können wahrscheinlich von Stress, falscher Ernährung, einer schlichten Erkältung oder Magen-Darmgrippe, Sorgen oder was-weiss-ich-was kommen. Vielleicht eben auch öfters von Helicobacter. Wenn nicht, wird sicher auch ein Antibiotikum nicht helfen. Dann doch eher wieder Vomex und Vitamin-Infusionen (die sind immer gut). Ich hoffe sehr, dass das Problem besser erforscht wird, und den zukünftigen Schwangern das Leiden erspart werden kann.

Liebe Chrissi, falls Du Dir tatsächlich die Zeit genommen hast, bis hierher meinen verworrenen Gedankengängen zu folgen, Respekt ;-)

Aber den hast Du sowieso. Menschen wie Du sind es, die etwas auf die Beine stellen, die einfach beginnen zu helfen, auch wenn es aussichtslos scheint. Viele wichtige Entdeckungen und Erfindungen sind durch Zufall gemacht worden. Der Anfang ist immer, ersteinmal irgendetwas zu tun, egal in welche Richtung es sich entwickelt. Sitzenbleiben und nichts tun nützt niemandem. Nochmal Danke für Deine Seite und das Forum!



P.S.: Ganz vergessen: Natürlich habe ich davon gehört, dass es diese Theorie schon lange gibt. Nur deshalb bin ich ja auch beim Stichwort Helicobacter im Zusammenhang mit meiner Behandlung dann auch stutzig geworden. Aber ich habe noch nicht von vielen Fällen gehört, bei denen diese Kombination aus Hyperemesis, Helicobacter, Antibiotikum während der Schwangerschaft und darauffolgende (über-) deutliche Besserung auftritt. Das Risiko mit den Nebenwirkungen geht Frau ja auch nicht aus Spass oder Vermutung ein, nur wenn´s absolut sein muss, so wie´s bei mir war. Wir können ja auch keine Menschenversuche machen, schon gar nicht mit ungefragten Kindern. Aber die zufälligen Fälle sollte man doch notieren. Falls mal der Zusammenhang bewiesen wird, ist eine Woche Antibiotikum (meinem Gefühl nach) bestimmt mit weniger Schaden, Gefahr und Nebenwirkungen behaftet, als monatelanges Austrocknen, Mangelernährung, psychischer Stress, hilfloses Rumliegen und was sonst noch dazukommt. Und wenn Frau beginnt an Selbstmord oder Abtreibung zu denken, sowieso. Ich drück die Daumen, dass eine Lösung gefunden wird.