Diesen Bericht zum Thema
Hyperemesis in Zusammenhang mit dem Bakterium "Helicobacter pylori"
habe ich (12/99) von Claudia erhalten:
Der
Forschungsbericht von Peter Frigo und seinen Mitarbeitern ist in
Obstetrics & Gynecology Volume 91 / Number 4 / April 1998 erschienen.
Immerhin fünfzehn Prozent
aller Schwangeren leiden an 'Hyperemesis gravidarum', einer ernsten Form des
Schwangerschaftserbrechens. Als erster Arzt weltweit fand ein Wiener Forscher
die Ursache: das Bakterium Helicobacter pylori. Nun sind erstmals wirksame
Behandlung und eine medizinische Vorsorge möglich.
Der Wiener Gynäkologe
Peter Frigo rät vielen seiner Patientinnen neuerdings zu einer
unkonventionellen Vorsorgeuntersuchung. Für Frauen die ein Kind planen, sagt
der niedergelassene Arzt und Hormonforscher am Wiener AKH, könnte es künftig
ratsam sein, sich einem Antikörpertest zu unterziehen. 'Das könnte helfen,
spätere Komplikationen in der Schwangerschaft zu vermeiden.'
Hintergrund dieser Empfehlung
ist eine vermutlich Richtung weisende Entdeckung Frigos, die im Vorjahr im
renommierten Medizin-Fachblatt 'Obstetrics and Gynecology' publiziert und
kürzlich bei einem internationalen Expertenkongress in Denver, US-Bundesstaat
Colorado, von der Fachwelt heftig diskutiert wurde: Frigo fand als weltweit
erster Arzt eine mögliche Ursache für ein bislang unerklärliches Krankheitsbild
- für Hyperemesis gravidarum, zu deutsch unstillbares
Schwangerschaftserbrechen.
Mit der vergleichsweise
harmlosen und unter rund zwei Dritteln aller Schwangeren verbreiteten morning
sickness (siehe Kasten "Üble Zeiten"),der meist ab der sechsten
Schwangerschaftswoche auftretenden morgendlichen Übelkeit, hat Hyperemesis
allerdings wenig zu tun. Denn das heftige Schwangerschaftserbrechen, von dem
immerhin an die 15 Prozent aller Schwangeren betroffen sind, geht weit über die
morning sickness hinaus: Die Patientinnen müssen mehrmals täglich erbrechen und
verlieren deutlich an Gewicht. Die medizinischen Ursachen lagen bisher weitgehend
im Dunkeln. Unter anderem hatten Wissenschaftler Hormonschübe durch die in der
Frühschwangerschaft überschießenden Hormone Östradiol und Progesteron
verdächtigt. Auch über seelische Verstimmungen wurde in den vergangenen Jahren
oftmals spekuliert. Eine wirklich plausible Erklärung hat jedoch bisher
gefehlt', berichtet Gynäkologe Frigo.
Entlarvter Übeltäter
Nun will der Gynäkologe
den wahren Übeltäter entlarvt haben - das Bakterium Helicobacter pylori
nämlich, das sich mit Vorliebe meist schon in der Kindheit im menschlichen
Magen einnistet. In anderen Zusammenhängen waren Mediziner bereits auf das
recht heimtückische Minilebewesen gestoßen.
So ist heute bekannt,
dass die spiralförmige, drei Tausendstel Millimetergroße Mikrobe, die sich im
Schnitt jeder Zweite einfängt und die oft jahrelang unbemerkt und untätig vor
sich hinschlummern kann, gastritische Beschwerden und Entzündungen der
Magenschleimhaut auslösen kann. Jüngeren Untersuchungen zufolge soll
Helicobacter pylori gar an 70 bis 80 Prozent aller Magen- und
Zwölffingerdarmgeschwüre schuld sein.
Dass das üble Bakterium
nun auch noch als Auslöser für das unstillbare Schwangerschaftserbrechen
überführt wurde, darf als weiteres Indiz für die vielfältigen Wirkmechanismen
gelten, die derartige bislang oft unterschätzten Kleinstlebewesen entfalten
können. Auf den Verdacht, dass Helicobacter auch das gravierende
Schwangerschaftserbrechen auslösen kann, kam Peter Frigo mehr oder weniger
durch einen Zufall.
Antibiotika gegen Übelkeit?
Eine junge Frau hatte
seine Praxis lediglich wegen eines Harnwegsinfektes aufgesucht. Der Arzt
untersuchte die im zweiten Monat schwangere Wienerin und verschrieb, wie in
solchen Fällen üblich, ein Antibiotikum. Als die junge Patientin nach drei
Wochen zur Kontrolle kam, berichtete sie Frigo jedoch Erstaunliches. Nicht nur
die lästigen Symptome der Infektion seien abgeklungen, sagte die Frau, auch die
in den vergangenen Wochen immer häufiger auftretende Übelkeit und der
oftmalige, äußerst heftige Brechreiz seien plötzlich weg. Beim ersten Besuch in
Frigos Ordination hatte die Frau diese Beschwerden gar nicht erwähnt - sie
hatte gedacht, sich mit der Übelkeit als normale Begleiterscheinung einer
Schwangerschaft einfach abfinden zu müssen.
Frigo war angesichts des
Patientinnenberichts erst mal verwirrt: Warum, fragte sich der Mediziner,
sollte seine schwangere Patientin plötzlich von ihren Brechanfällen befreit
sein, obwohl er doch bloß ein Antibiotikum gegen einen Harnwegsinfekt
verabreicht hatte - ein Medikament, das grundsätzlich ausschließlich zur
Bekämpfung von Bakterien eingesetzt wird. Auf einen ausufernden Hormonspiegel
konnte der Bakterienkiller jedoch ebensowenig Einfluss haben wie auf die
psychische Befindlichkeit. Es lag deshalb die Vermutung, nahe', so Frigo, dass
es eine bakterielle Ursache geben muss.'
Der Hormonforscher begann
deshalb eine umfangreiche klinische Studie am AKH. Gemeinsam mit einem
Kollegenteam untersuchte er ein dreiviertel Jahr lang insgesamt 105 schwangere
Frauen zwischen 15 und 38 Jahren, die an Hyperemesis gravidarum litten. Den von
Schwangerschaftserbrechen Betroffenen stellte er - so die gängige Praxis bei
derartigen Studienreihen - eine Kontrollgruppe gegenüber, der die üble
Krankheit erspart geblieben war. Ein Bluttest, mit dem Frigo Antikörper gegen
Bakterien aufspüren wollte, sorgte schließlich für Gewissheit.
Im Blut von immerhin 90,5
Prozent der von Hyperemesis betroffenen Frauen hatten sich Antikörper gegen
Helicobacter pylori gebildet. Damit war das Kleinstlebewesen bei fast allen an
Schwangerschaftserbrechen Erkrankten nachweisbar. In der Kontrollgruppe dagegen
fand der Forscher bei nur 46,5Prozent Antikörper gegen das verdächtige
Bakterium - bei gerade halb so vielen wie unter den am ständigen Erbrechen
Leidenden. Eine Infektion mit Helicobacter pylori', lautet deshalb die recht
eindeutige Schlussfolgerung der Studie, "kann Hyperemesis gravidarum
verursachen.'
Die nunmehrigen
Erkenntnisse über die wahre Ursache für Hyperemesis weisen nun erstmals auch
einen Weg zu effizienten Behandlungsmöglichkeiten.
Neue Therapie
Die bislang gängigen
Therapien nutzten nämlich wenig. Manche Frauen wollen vermeintlich aufgebrachte
Magennerven mit Tees oder Kräutersäften beruhigen, andere knabbern lustlos an
Zwieback herum. Den jüngsten Wiener Forschungsergebnissen zufolge wird es ab
nun jedoch wesentlich wirksamere Abhilfe geben: eine ganz simple Behandlung mit
Antibiotika. Frigo: Ein mildes, schwangerschaftstaugliches Antibiotikum, und
nach drei Wochen ist man die lästige Hyperemesis los.
Noch sinnvoller sei es
freilich, präventiv einen Antikörpertest durchführen zu lassen, wenn eine
Schwangerschaft geplant wird. Dann", so Frigo, kann man schon im Vorfeld
überprüfen, ob eine Frau den Helicobacter hat und gegebenenfalls die Entstehung
von Hyperemesis frühzeitig vermeiden.'
Ursachen-Forschung
Unklar ist allerdings
noch, warum das Bakterium, das ja immerhin fast 50 Prozent der Bevölkerung im
Darmtrakt beherbergen, vielen Frauen ausgerechnet in der Schwangerschaft derart
zu schaffen macht, dass heftiges Erbrechen die Folge ist. Frigo nimmt an, dass
hier tatsächlich jene Hormonschwankungen eine wesentliche Rolle spielen, die
bislang als Ursache für Hyperemesis gehandelt wurden.
Denn in der
Frühschwangerschaft schüttet der weibliche Organismus vermehrt die Hormone
Östradiol und Progesteron aus, wodurch es auch zu einer Veränderung des
Flüssigkeitshaushalts und zu einer Verschiebung des pH-Werts im Magen kommt -
der sonst saure Magenschleim wird verdünnt. Wurde Helicobacter pylori vor
Beginn der Schwangerschaft von der sauren Magenflüssigkeit quasi in Schach
gehalten, kann der Mikroorganismus, so Frigo, "aufgrund des verdünnten
Magensaftes leichter angreifen'.
Hatte der Wiener
Wissenschaftler allerdings ursprünglich gehofft, die weiteren
Grundlagenforschungen selbst durchführen zu können, muss er diese Tätigkeit nun
seinen Fachkollegen in den USA überlassen - in Wien, so Frigo, würden einfach
die nötigen Forschungsmittel dazu fehlen. Dass die amerikanischen Gynäkologen
nun entsprechende Studien in Angriff nähmen, sei jedoch gewiss. Beim jüngsten
Kongress in Denver hätten seine Untersuchungen immerhin ordentliches Echo
ausgelöst'.
*LWIN SCHÜNDERCER
Wie die Mediziner Hyperemesis
gravidarum diagnostizieren
Das verbreitete Phänomen
"morning sickness"
Ich
selbst habe mich mit einem Bluttest auf den Helicobacter jetzt (9/2000) testen
lassen. Er wurde als vorhanden festgestellt. Also habe ich eine
"Eliminierungstherapie" gemacht. Ich habe von meinem Arzt ein 3
Phasen-Antibiotikum verschrieben gekommen und 10 Tage genommen. Nach weiteren 4
Wochen wurde ein ATEM-Test gemacht, bei dem sich zeigte, daß der
Helicobacter weg war. Zu dieser Zeit ging es mir auch wirklich besser. Mir ist
sonst, obwohl ich nicht schwanger bin, oft abends übel. Mittlerweile hat die
Übelkeit leider wieder zugenommen und mein Arzt vermutet, daß der Helicobacter
wieder da ist. Ich werde diese Prozedur also nochmals durchmachen um ihn
hoffentlich endgültig zu vernichten. Offensichtlich ist es ein sehr
hartnäckiges Kerlchen.
Vom Markus
habe ich einen neuen Bericht zu HG und Helicobacter Pylori erhalten. Er hat den
Bericht aus dem Iran. Er wurde im Jahre 2003 veröffentlicht und referenziert
u.a. auf den Bericht von Herrn Frigo.
Markus:
"Man beachte das die (offenbar) Herren aus dem Iran einen Zusammenhang
zwischen HG und der Schulbildung feststellen..... (Seite CR14, zweiter Absatz
unter den Tabellen) Wie das wohl geht ?"
Ihr könnt den Bericht hier runterladen.