Erfahrungsbericht 2. HE-Schwangerschaft

Anne, Donnerstag, 25. Februar 2021, 22:09 (vor 1148 Tagen)

Nun wollte ich auch mal schreiben, wie es mir ergangen ist. Vielleicht erinnern sich noch einige an mich. Die Geburt ist nun ein Jahr her. Ich habe in der Coronazeit so oft an all die hyperemesis kranken Frauen denken müssen. Der ganze zusätzliche Stress, der Mundschutz: ihr vermutlich der tapferste Hyperemesisjahrgang!

Also, bei mir war es dir zweite Schwangerschaft. Leider war sie sehr viel schlimmer als die erste. Ich schreibe hier nun einfach mal ehrlich. Ich weiß nicht so ganz, was das bei meiner damals 2 jährigen Tochter angerichtet hat. Was mich heute noch zum weinen bringt: wir hatten ein Fangspiel mit einem Tiger Lied und die Kleine sagte immer: „Mama, großer Tiger!“. Als es mir dann schlechter ging, konnte ich ihr einfach nicht hinterher rennen und sie sagte noch monatelang „Mama, großer Tiger“. Irgendwann hat sie dann aufgehört. Als das Baby da war, wollte ich es wieder mit ihr spielen. und sie kannte es nicht mehr. Das war wirklich das erschüttertste an der ganzen Zeit gewesen. Meine Mutter hatte sie monatelang umsorgt (und mich dazu)..Insofern ist sie da schon unbeschadet rausgekommen… aber was das für uns beide bedeutet hatte, weiß ich nicht so ganz. Ich habe heute manchmal das Gefühl, sie ist mir etwas entglitten. Ich liebte das neue Baby, aber ich war so voller Sehnsucht, meine Tochter wieder ohne Übelkeit zu erleben, dass ich mich gefühlt mehr mit ihr als mit dem Baby beschäftigt habe.
Es war eine so harte Zeit. Neben der nicht enden wollenden Übelkeit, hatte ich einen extremen Speichefluß, den ich nur ins Handtuch spucken konnte. Ich hatte immer mehrere Handtücher dabei, bei uns lief den ganzen Tag die Waschmaschine weil ich wirklich Berge mit vollgesabberten Handtüchern produziert habe. Vor der Geburt wurde das Kotzen dann immer untronkrollierter und ich konnte beim Erbrechen meinen Urin nicht mehr halten. Ich stand mehrmals täglich in einer Urinpfütze kotzend vor dem Klo. Ich hatte wirklich das Gefühl, ich schaff es nicht - ich kann nicht mehr...
Ich wollte noch eine Sache zu Übergewicht und Hyperemesis schreiben: eigentlich schließt sich Hyperemesis und Gewichtszunahme ja aus. Bei mir war es das komplette Gegenteil. In der ersten hatte ich zu Beginn viel abgenommen und dann zugenommen. Bei der zweiten war es ziemlich bald ein extremes Zunehmen. Und das obwohl ich gekotzt habe wie ein Weltmeister. Die Sache war, dass ich nichts frisches vertragen konnte. Salat, Gemüse, Obst oder ein frisch gekochtes essen…. ALLES kam sofort wieder raus. Das was ging, waren sehr scharfe Chips, Nutella und sehr viel Schokolade. Es war so, dass während des Essens (also beim Kauen) die Übelkeit weighehend weg war. Und je mehr ich aß, umso besser gings (bis zu einem bestimmten Punkt). Also wenn der Magen voll mit fetten, scharfen und salzigem war, dann war ein bisschen Ruhe. Also obwohl ich so oft brach, blieb ja doch immer was drin. Nur kurz vor Geburt als das Brechen immer schlimmer und sehr unkontrolliert wurde, nahm ich wieder ab. Und ich habe es sehr als belastend empfunden, dass man mir meinen Zustand teilweise nicht abnahm, weil ich ja so zunahm.
Nach dem ganzen Drama, aber noch das Happy End (ich habe hier wirklich fast alle Erfahrungsberichte gelesen und mir haben am meisten die Berichte über die Zeit nach der Geburt Mut gemacht). Also, ich muss sagen, dass es diesmal so 1-2 Tage dauerte bis ich wirklich spürbar mit der Übelkeit entlastet war. Bei meiner Tochter war es quasi noch im Aufwachraum, diesmal dauerte es länger. Aber mein Sohn hat mich auch diese Zeit überstehen lassen, denn es ging immer ein bisschen mehr. Ich hatte in der gesamten Schwangerschaft immer diese Phantasie, Sandwiches zu essen. Ich habe mir so oft Rezepte angeschaut und hatte immer ein riesen Sandwich vor Augen. Mit frischem Salat, Zwiebeln, Tomate, Soße, Schinken und Käse. Ich habe diese Dinger so geliebt und auch noch zu Hause immer frisch zubereitet im Kühlschrank gehabt. Essen war das große Thema. Obst, Müsli und Käse und Joghurt… all diese Sachen waren der Himmel für mich. Lange, lange Zeit!

Ich wünsche euch allen nur das Beste… haltet durch!!!!! Dieses Gefühl ohne Übelkeit ist der absolute Wahnsinn!!! Ich überlege jetzt, mir zum ersten Geburtstag nochmal ordentliche Sandwichs zu machen ;-)

P.s. und tausend Dank an die Betreiberinnen. Chrissi, deine Kinder sind ja schon so groß nun und du bietest hier immer noch den Frauen in Not eine Anlaufstelle. Das Forum tat mir so gut, wirklich meinen aufrichtigen und herzlichsten Dank für Deine Mühe!!! Und all die anderen, die hier so unermüdlich helfen!
p.p.s ich habe mich übrigens immer mit der Höchstdosis an Vomex (Beipackzettel) und Agyrax zugeknallt. Ich hatte zwar auch Angst, dass es den Kindern schadet, aber sie sind beide super gesund und sehr gut entwickelt. Caliban hat bei mir leider nicht geholfen, aber hätte es, hätte ich keine Bedenken es zu nehmen. Seid da bitte mutig und quält euch nicht unnötig!

Erfahrungsbericht 2. HE-Schwangerschaft

Chrissi ⌂ @, Montag, 01. März 2021, 13:05 (vor 1145 Tagen) @ Anne

Hallo liebe Anne,
ich freue mich sehr von Dir zu lesen. Auch, dass Du jetzt einen Erfahrungsbericht schreiben kannst zeigt, wie sehr Du noch einmal zurück geblickt hast (1 Jahr zurück) und wie präsent doch all das bleibt.
Und Du machst anderen Betroffenen Mut damit und strahlst in Deinen Worten so sehr die wieder gewonnene Lebensfreude aus. Das ist sooo schön!! Danke dafür.
Ich freue mich auch, dass Du im Forum und im Lesen der Erfahrungsberichte für Dich Halt gefunden hast während dieser üblen Zeit. Genau so soll es sein. Man kann lesen, dass man nicht ganz alleine damit ist.
Ich nehme Deinen Bericht gerne mit zu den anderen Erfahrungsberichten, wenn Du magst. Gib mir gerne Bescheid:-)
Jetzt wünsche ich Dir von ganzem Herzen alles Liebe und Gute. Genieße bei diesem herrlichen Sonnenschein Deine Kinder, Deine Familie und das Leben.
Herzliche Grüße Chrissi

Erfahrungsbericht 2. HE-Schwangerschaft

Anne, Mittwoch, 03. März 2021, 10:39 (vor 1143 Tagen) @ Chrissi

Liebe Chrissi, danke für deine Antwort! :-)
Natürlich kannst du das ganze gerne zu den Erfahrungsberichten stellen. Sorry wegen der ganzen Fehler - ich hatte doppelt so viele Zeichen wie erlaubt und nach der zehnten Kürzung haben sich dann viele Fehler eingeschlichen :-(

Ja, ich genieße den Frühling und meine Familie. Es ist definitiv mein letztes Kind. Neben meinen schon hohen Alter, dem angespannten Wohnungsmarkt und noch anderer Faktoren, ist die HE der Hauptgrund, warum es kein drittes Kind gibt. Unter anderen Umständen und vor allem ohne HE, wären es sicherlich drei geworden.

Hast du einen Tipp was ich mit überschüssigen Agyrax machen kann? Der Frauenärztin bringen?

Liebe Grüße!

Erfahrungsbericht 2. HE-Schwangerschaft

Chrissi ⌂ @, Samstag, 06. März 2021, 19:34 (vor 1140 Tagen) @ Anne

Liebe Anne,

vielen Dank, ich habe ihn sehr gerne mit aufgenommen.
Zum noch verbleibenden Agyrax ist es sicherlich eine sehr gute Idee Deine Frauenärztin zu fragen, ob sie es evtl. weiterreichen kann. Evtl. kann es einer Betroffenen direkt weiter gegeben werden in der Praxis.

Dir und Deiner Familie alles Gute!
Liebe Grüße Chrissi

Erfahrungsbericht 2. HE-Schwangerschaft

Tabea123, Donnerstag, 27. Mai 2021, 18:05 (vor 1058 Tagen) @ Anne

Liebe Anne, auch wenn dein Eintrag eine Weile her ist und du das hier vermutlich nicht liest: Ich musste gerade richtig fest weinen, als ich die Geschichte mit "Mama grosser Tiger" las. Es schmerzt so unglaublich, für ein über alles geliebte Kind nicht da sein zu können und zuzusehen, wie die Verbindung abbricht. Ich war eine Zeit lang im KH, mein Mann kam ab und zu mit unserem Sohn vorbei, er war gerade 2 geworden. Und er wollte nicht mehr von mir umarmt werden. Wenn ich es tat, hielt er den Atem an, drehte den Kopf weg und stand wie versteinert da. Und mein Mann erzählte mir, wie er jeden Tag das Haus nach mir durchsucht und Mama? Mama? sagt, auch in der Nacht. Ich bin jetzt in der 10. Woche und kann zum Glück wieder etwas zu mir nehmen und kann zu Hause sein, auch kleine Dinge mit meinem Sohn machen liegen ab und zu wieder drin. Dich hat es viel schlimmer erwischt als mich, ich hoffe fest, dass du und ihr als Familie euch von dieser Zeit erholen konntet und alle wohl auf sind!

Liebe Grüsse,
Ramona

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